Invasive Teichpflanzen

oder: Warum kann man keine Wasserhyazinthe mehr kaufen?

Dr. rer. nat. Bernd Teichmann  |  12.10.2016  |  aktualisiert 30.01.2020

Inhaltsverzeichnis

  1. Unionslisten von 2016 bis 2019
  2. Gefahren durch invasive Pflanzen und Tiere
  3. Zukunfsaussichten

EU Verordnungen zu invasiven Arten

Nun ist sie da, die sogenannte Unionsliste der EU-Kommission (Verordnung (EU) Nr. 1143/2014 ).  Sie wurde im Sommer 2016 veröffentlicht und ist seitdem für jeden Mitgliedsstaat verbindlich. Im Jahre 2017 erfolgte die erste und 2019 die zweite Fortschreibung. Konkret handelt es sich dabei um eine „Liste invasiver gebietsfremder Arten von unionsweiter Bedeutung“. Sie enthielt 2017 23 Pflanzen- und 26 Tierarten, für die ab dem 13. Juli 2016 ein Handels- und Importverbot gilt. 2019 sind insgesamt 66 Pflanzen- und Tierarten betroffen. Darunter sind die folgenden Sumpf- und Wasserpflanzen verzeichnet:

Liste invasiver Ufer- und Teichpflanzen

  • Alternanthera philoxeroides (Alligatorkraut)
  • Cabomba caroliniana (Haarnixe, Grüne Cabomba)
  • Eichhornia crassipes (Dickstielige Wasserhyazinthe)
  • Elodea nuttalli (Schmalblättrige Wasserpest)
  • Hydrocotyle ranunculoides (Großer Wassernabel)
  • Impatiens glandulifera (Drüsige Springkraut)
  • Lagarosiphon major (Krause Afrikanische Wasserpest)
  • Ludwigia grandiflora (Großblütiges Heusenkraut)  
  • Ludwigia peploides (Flutendes Heusenkraut)  
  • Lysichiton americanus (Gelbe Scheincalla, Amerikanischer Riesenaronstab)  
  • Myriophyllum aquaticum (Papageienfeder, Brasilianisches Tausendblatt)
  • Myriophyllum heterophyllum (Verschiedenblättrige Tausendblatt)

Wasserhyazinthen in Deutschland?

Aus unserem Sortiment sind deshalb Papageienfeder und Dickstielige Wasserhyazinthe nicht mehr erhältlich. Eichhornia crassipes besitzt jedoch nördlich der Alpen nicht das Potential, sich dauerhaft in der freien Natur anzusiedeln. Fällt die Temperatur im Herbst unter 10° C, kümmert die Wasserhyazinthe und fängt an zu faulen. Bei Frost stirbt die Schwimmpflanze im Gartenteich vollständig ab. Selbst im beheizten Haus lässt sich die Wasserhyazinthe nur mit viel Glück über den Winter bringen. Lichtintensität und -dauer sind für diese Teichpflanze in unseren Breiten im Winter zu gering.
Andereseits könnte aus einem in der freien Natur ausgesetzten Exemplar, vom Frühjahr bis zum Spätsommer, eine große dichte Schwimmpflanzendecke entstehen. Heimische Unterwasserpflanzen würden darunter aus Lichtmangel verschwinden. Die absterbende und verfaulende Biomasse der Wasserhyazinthen wäre im Spätherbst eine erhebliche Belastung für das Gewässer.
Das Handelsverbot von Eichhornia crassipes ist schon ein Verlust. Denn als sommerliche Bepflanzung von Wasserkübeln auf der Terrasse oder als schnellwachsende Schwimmpflanze zur Algenbekämpfung im Gartenteich war sie eine wertvolle Art.

Gefahren durch invasive Arten

Grundsätzlich macht es aber Sinn, gebietsfremde invasive Pflanzen und Tiere mit einem Handelsverbot zu belegen. Es sind Arten von anderen Kontinenten, die nur mit Hilfe des Menschen - beabsichtigt oder unbeabsichtigt - nach Europa gelangt sind. Ob Teichpflanze oder Süßwasserkrabbe, die Arten leben hier in einem ganz anderen Ökosystem als in ihrer angestammten Heimat. Sie haben hier keine, oder nur sehr wenige Feinde, Pflanzenteile werden nicht gefressen und Krankheiten drohen in der Regel nicht. Das Blüten und Früchte vielfach von heimischen Insekten und Vögeln nicht genutzt werden können, ist eine weitere unschöne Begleiterscheinung.

Problembereiche

Die allermeisten invasiven Pflanzenarten sind ausgesprochen schnellwüchsig. Großer Wassernabel,  Heusenkraut u.ä. wachsen rasant und neigen dazu, große dichte Bestände zu bilden. Sie sind sehr konkurrenzstark und überwuchern und verdrängen heimischen Teichpflanzen.

Besonders problematisch sind Arten, die zusätzlich noch über ein großes Ausbreitungspotential verfügen. Sie können riesige Mengen Samen produzieren und / oder kleine Pflanzenteile reichen zur Entstehung von Tochterpflanzen aus. So hat sich z.B. die Wasserpest (Elodea canadensis) im Baldeneysee in Essen so stark ausgebreitet, dass Wassersport nur noch eingeschränkt möglich ist. Mit Mähbooten versucht man, der Plage Herr zu werden.

Einige wenige eingeschleppte Pflanzenarten können auch gesundheitsschädlich für Menschen sein.  Pollen der Beifuß-Ambrosie (Ambrosia artemisifolia), die ursprünglich aus Nordamerika stammt, lösen bei vielen Menschen allergische Reaktionen aus. Berührungen der Herkulesstaude, auch Riesen-Bärenklau (Heracleum mantegazzianum) genannt, führen zu schweren Verbrennungen an der Haut. Die bisher neu eingewanderten Teichpflanzen sind in dieser Hinsicht unproblematisch.

Ein weitere Aspekt ist die Übertragung von neuen Krankheiten. Dazu zwei Beispiele aus dem Tierreich: Amerikanische Flusskrebsarten sind immun gegen die Krebspest. Die europäischen Flusskrebse sind im Laufe der Evolution nie mit dem Erreger (ein Fadenpilz) in Kontakt gekommen und konnten keine Resistenzen bilden. Treffen Krebse der unterschiedlichen Herkunftsbereiche zusammen, rafft die Tierseuche die mitteleuropäischen Arten dahin. Insbesondere der Edelkrebs und Steinkrebs sind betroffen.
Ähnlich sieht es bei den europäischen und nordamerikanischen Molchen und Feuersalamandern aus. Durch importierte Amphibien aus Asien wurde eine für Europa und Amerika neue Pilzart eingeschleppt. Sie gelangte aus Terrarien in die Umwelt und hat bisher schon ganze Populationen von Amphibien ausgelöscht. In den Niederlanden ist der Feuersalamander mittlerweile fast ausgestorben.
Bei Wasserpflanzen und anderen Pflanzen-Neubürgern spielt die Übertragung von Krankheiten bisher weniger eine Rolle. Bekanntestes Beispiel ist das europäische Ulmensterben. Auch hier ist der Erreger wieder ein Pilz, der normalerweise nur an asiatischen Ulmen lebt. Über Holzimporte hat er den Weg nach Europa gefunden.

Zukunftsperspektive der Unionsliste

Die Unionsliste von 2016 ist ein guter Anfang und sicherlich nicht der Weisheit letzter Schluss. Für Deutschland sind ca. 170 Pflanzen- und Tierarten beschrieben sind, die Probleme bereiten bzw. bereiten könnten. Weitere Fortschreibungen der Liste sind abzusehen.
Besonders problematisch sind Arten, die mittlerweile fast flächendeckend in Deutschland vorkommen. Realistisch gesehen besteht keine Möglichkeit, solche Arten jemals wieder vollständig aus Flüssen, Seen und Teichen zu beseitigen. Als Beispiel sei hier die Verbreitungskarte der Kanadische Wasserpest (Elodea canadensis) genannt.

Wir werden die Liste als Anstoß nehmen, zusätzlich weitere heimische Teichpflanzen anzubieten. Im Shop ist in jedem Pflanzen-Steckbrief zu sehen, ob die Art in Deutschland einheimisch ist oder nicht. Weitere Angaben zum genauen Verbreitungsgebiet finden sich meist bei den Produktdetails. Die wenigen wüchsigen gebietsfremden Wasserpflanzen sind zusätzlich noch mit einem entsprechenden Hinweis versehen. Bitte beachten Sie, dass es grundsätzlich verboten ist, gebietsfremde Pflanzen- und Tierarten in der freien Natur auzusiedeln.

Weiterführende Informationen: